Türkei II - Cappadoccia + Osttürkei

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(Fotos siehe gleichnamige Foto-Galerie)
 
Durch eine nach Ankara friedliche Gegend, erst mit vielen Bachläufen bestanden mit Pappeln und Weiden, über Balà, Karman und Kirsehir, inmitten der erst gepflügten Felder gelegen, gelangen wir nach Nevsehir. Aus dessen Umgebung kommt viel vom türkischen Wein und Trauben. Unter freundlicher Anteilnahme der nahen Bewohner liegt Fredy da stundenlang unter dem Auto, muss Frisch- und Abwasser-Tank herunternehmen, um die Federbein-Einstellung zu korrigieren. Wegen des zügigen Windes, Temperatur von nur etwa 8oC, wird uns wiederholt Çay angeboten, und als ich mithelfen muss, bringt man die jüngeren Brüder, die das übernehmen könnten!
Schon vor Uçhisar sieht man die ersten Pinnakel mit Wohnhöhlen aus "Tufa" (Lava gemischt mit Asche, Sand + Schlamm). Die Fahrt nach Göreme dann führt durch eine Art Mondlandschaft, von Wind und Wasser durch Erosion helle, kahle Hügel und Gebilde. Das Dorf Göreme selbst ist wenig attraktiv, zur jetztigen Jahreszeit findet höchstens ein reines Warten auf Touristen statt. Der National-Park ist trotzdem gut besucht - heute Samstag wimmelt es von türkischen Schulklassen jeden Alters. Wir betreten das Freiluft-Museum noch am späten Nachmittag, als sich die anderen Besucher sich langsam bei den Bussen sammeln und abreisen. Nach Cappadoccia flüchteten sich schon die Christen vor der Verfolgung durch die Römer. In der byzantinischen Zeit vom 8.-13. Jht. dann wurden die ursprünglichen Höhlen erneut bewohnt und die vielen Kirchen in den Tufa geschlagenen und bemalt.
Für einmal begleitet uns Sonne auf der abendlichen Weiterfahrt über Uergüp nach Kayseri. Wir können uns kaum erholen vom prachtvollen Anblick des verschneiten ehemaligen Vulkans Erciyes. 3'917 m hoch dominiert er die umliegende Hochebene, anderen Berge und die Stadt Kayseri. Man sieht ihn von weit her - wir bei stürmischen Wetter, mit Regenwolken bestücktem Himmel, aber im Sonnenlicht einiger geschenkten letzten Strahlen an diesem Abend. Es dunkelt schon bei der Stadteinfahrt und, obwohl in den Hauptstrassen noch bis etwa 22.ooh Betrieb in den vielen Geschäften, sind wir (ob Ihr's glaubt oder nicht) von den Eindrücken des Tages zu müde, um uns nochmals auf die Socken zu machen.

Wir schwanzen am nächsten Morgen durch die Stadt, die am Sonntag eher ruhig ist. Im Hilton - es ist beschämend, aber als Europäer wagt einem kaum einer der Angestellten nach dem Wohin zu fragen, selbst wenn beim Eingang der Scanner klingelt - findet man saubere Toiletten und an der Reception überreicht man uns freundlichst den fehlenden Stadtplan. Internet-Cafés gibt es auch, das erste aber mit so schwachen Kästen, dass eine Uebermittlung von Fotos oder Reiseberichten kaum möglich ist. Immerhin können wir die immer willkommene E-mail-Post abholen. Im zweiten sieht es nach einem bescheidenem Ort aus, entpuppt sich aber als ein Laden mit vier verschiedenen Räumen mit je etwa 20 PCs, die heute am Sonntag alle mit jungen Burschen an Spielen besetzt sind. Ich zögere unter diesen Umständen, werde aber freundlichst hereingebeten, es wird ein Stuhl rutschen und Umverteilen veranstaltet und dann winkt man mich an den besten Kasten, wo man auch eine CD einlesen kann. (Den USB-Stick nehme ich nicht mehr mit, da ich die Inhaber damit immer in Verlegenheit bringe.) Natürlich kann ich den angebotenen süssen Nescafé nicht gut ablehnen, umso mehr als sich beim Bezahlen der 1 Mio. TL für eine Stunde Internet herausstellt, dass er gar auf Kosten des Hauses geht.

Noch am späten Nachmittag verlassen wir die Stadt über Pinarbasi. Ein Besuch von Hacifar am Fuss des Erciyes Dagi (ein Aussichtspunkt und im Winter auch türkischer Skisportort) hat sich wegen des schlechten Wetters und der tiefen Wolkendecke erübrigt. Ueber Land abseits der grossen Verbindungen könnten wir auch hier bis zu unserem Uebernachtungsplatz in Yesilkent ständig fotografieren. Die Gegend ist wasserreich, aber wegen der Höhe von bis zu 1'890m eher karg. Mir ist nicht ganz "wie anderen Wiibern", und Fredy übernimmt heute das Kochen. Alles geht gut, nur den Kaffee danach hat er nicht im Griff. Kunststück, unsere Frischmilch (mit Cumulus-Punkten) aus dem Migros in Kayseri entpuppt sich als Trinkjoghurt.
Ueber Göksun-Kahramanmaras, Mittagshalt in Pazarcik, erstmals bei 23oC im Windschatten des Autos "pickelzäch" draussen, Gölbasi gelangen wir nach Adiyaman. Der Tankwart freut sich an uns - wer tankt schon für über 100 Mio. TL aufs Mal! Nescafés zur Stärkung und eine Box Tüechli auf die Weiterfahrt sind sofort zur Hand. In Katha sehen wir erstmals Erdölförderpumpen - schon seit Pinarbasi hatten uns Transporter mit Pipeline-Röhren und entsprechende Erdbewegungen neben der Strasse begleitet. Wir wählen die Nebenstrasse und besichtigen die bis vor kurzem noch in Gebrauch gewesene römische Brücke bei Cendere. Auf einer ausgedienten Strassenschleife neben einer weiteren halb zerfallenen, aber naürlich nicht in den Prospekten erwähnten alten Brücke schlafen wir - gut bewacht von einer umherstreunenden Hündin, der wir zur Belohnung unsere Knochen vom Nachtessen und einen Power-Riegel zum Frühstück überlassen.
Wir kommen so quasi über die Hintertüre über eine Naturstrasse, erst Rollsplit, dann nach den gestrigen Regenfällen rutschigen, steilen roten Lehmstrasse rauf zum bekannten Nemrud Dagi, dem steineren Grabmal Antiochus des I. aus dem 1. Jht. Wir sind die ersten Besucher an diesem 20. April. Von der Westterrasse aus umrunden wir den auf 2'150 m liegenden Geröllhügel durch ein Schneefeld und stehen dann vor den Steinfiguren Appollo, Zeus, Herkules, Tyche und Antiochus, deren heruntergefallenen Köpfe auch heute noch wie bei unserem letzten Besuch vor bald 30 Jahren vor ihnen zu Füssen liegen. Rund um den Gipfel jagen Wolken und Nebelschwaden, die den Rundblick auf die umliegenden Gebiete verunmöglichen.
Unsere Fortsetzung der Fahrt endet gezwungenermassen an einem Ausläufer des riesigen Atatürk Baraji (Stausee). Die 12.30h-Fähre fährt vor unserer Nase ab und die nächste folgt erst um 14.30h. Ein Riesen-Geröllfeld durchqueren wir anschliessend. Weisse Spitzzelte von Nomaden, die hier ihre Ziegen- und Schafsherden auf den wenigen grünen Flecken weiden, liegen links und rechts der Strasse. Die Gegend geht langsam über in mühsam von Steinen befreite Aecker, die wie zu Grossvaters Zeiten mit Pferd und einfachstem Pflug bearbeitet werden. In den hügeligen Gebieten war es kein Problem, Wasserhahnen zu finden. Hier gelingt das uns selbst in Siverek nicht. Aber vor einer "Garage/Pneuhändler" sehen wir einen Schlauch liegen und sogar ein Hochdruck-Reinigungsgerät stehen. Man erlaubt freundlichst das Füllen des Wassertanks, reinigt eilfertig den Camper von der rotbraunen Dreckschicht vom Nemrud Dagi her, und will dann auf keinen Fall eine Bezahlung annehmen (wo wir doch schon keinen Çay wollten)! Dafür besichtigen sie gerne den Camper von innen und grinsen ob unserem Haus auf Rädern.
Diyarbakir ist eine interessante Stadt mit einer über 12 m hohen, über 5,5 km langen Stadtmauer mit 16 Türmen und 5 Eintritts-Toren aus schwarzem Basalt rund um die Altstadt. Wir verschwenden allerdings wenig Zeit mit Sightseeing. Ein Einloggen und Einladen ins Internet erübrigt sich auch hier. An der ersten Station zittert nur der Bildschirm, am zweiten Ort bei nicht viel bessern Verhältnissen klemmt zusätzlich noch das grosse A als aller Anfang. Wir parken in der Stadt. Wo schon - beim Migros, denn er hat einen sauberen Beton-Parkplatz, wo Fredy einmal mehr seine Mechaniker-Leidenschaft auslebt. Diesmal rinnt der Stutzen des Tankrückflusses hinten.
Durch riesige Felder über Silvan setzen wir am Mittwoch nach Mittag den Weg fort, vorbei am Batman Baraji. Gestern und heute liegen da gleich nebeneinander: der grosse Staudamm neben der Teerstrasse, daneben die alte Malabadi Köprüsu. Nach Kozluk und Baykan fahren wir durch das enge Tal des Bitlis-Flusses. Riesige Wassermassen müssen sich zeitweise dadurch wälzen. Alle Bäume und Sträucher sind mit Abfällen und Plastikfetzen daraus komplett behängt. Die Strasse ist vielerorts unterspült und über zur Hälfte weggebrochen. Bitlis ist dann die trostloseste Stadt, die wir in der Türkei angetroffen haben. Die Westseite ist voller verlassener, zerfallener Gebäude und Werkanlagen, die Stadt selbst dann schmutzig bis zum Geht nicht mehr. Aber die Leute sind stolz und freuen sich, als ich Bilder mache, wollen sogar unbedingt auch fotografiert werden. Auf der westlichen Seite stehen meist 5-stöckige sanierungsbedürftige Wohnblocks - einmal gebaut, aber nach der ursprünglichen Investitionen keine Lira mehr an deren Unterhalt verschwendet. Dafür beginnt nun eine vierspurige Strasse, neben der wir beim Alaman Hani, einer ehemaligen Karawanserei, übernachten.

Tatvan ist dann die Ueberraschung des Tages - eine Kleinstadt, sauberer als Affoltern - wir können es kaum fassen! Aber die Fähre über den auf 1'650 m Meereshöhe gelegenen Van-See fährt nur am Nachmittag, so dass wir uns zur Umfahrung am südlichen Ende entlang entschliessen. Wenig ausserhalb des Ortes ist dann unsere Tages-Etappe schon zu Ende: Es kündigt sich Sonne an, und wir finden an einem sauberen kleinen Flüsschen einen geeigneten Standplatz, führen wir doch inzwischen kiloweise Schmutzwäsche mit uns. Zu zweit kämpfen wir uns da durch. An vier lange Leinen, in so starkem Wind, dass wir immer wieder die Wäscheklammern überprüfen und neu befestigen müssen, trocknen unsere Kleidungsstücke. Ab und zu schaut einer der vorbeispazierenden Männer bei uns vorbei, versucht zu plaudern, zwei davon möchten auch etwas von der Wäsche geschenkt zu kriegen.

Vor uns liegt Morgen Freitag, Van (und Zwischenhalt in einem Internet-Café mit hoffentlich akzeptabler Verbindung) und anschliessend als letzter grösserer Ort der Türkei Dogubayazit am Fusse des Agri Dagi (Berg Ararat), wo angeblich dieArche Noahs liegen soll, bevor wir unsere Pässe für die Einreise in den Iran zücken.

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